Am 19.06.2025 fand in der Kapelle der Leipziger Missionswerkes erneut der Lutherische Tag des Lutherischen Einigungswerkes (LEW) unter dem Titel „1700 Jahre Nicänum“ statt.
Eröffnet wurde der Tag mit einem Wortgottesdienst zu dem Pfarrer Dr. Sebastian Schurig (Thum) über das Hohepriesterliche Gebet Jesu im 17. Kapitel des Evangeliums nach Johannes predigte. Er hob hervor, wie tiefgehend die Einheit ist, um die Jesus bittet. Diese Einheit freue sich an der Vielfalt der Kirche weltweit und bestehe durch die Zeit hindurch. Diese Einheit schließe zudem aus, das Evangelium aufzugeben. Die Ausdifferenzierung der Kirche, insbesondere evangelischen Kirche bis heute, sei für sich genommen nicht gut und Trennendes könne nur mit Schmerz wahrgenommen werden. Umso wichtiger sei es, das Bekenntnis von Nicäa als ein gemeinsames zu begreifen. Wenngleich das Konzil als politischer Moment behandelt werden könne, so sei es darüber hinaus vielmehr auch ein Moment besonderen Mutes. Es sei mutig, so von Gott zu reden, die die menschliche Weise übersteigt.
Im anschließenden Referat behandelte Doktorand Jonathan Schneeweiß (Ebhausen) die Frage „Was lehrt uns das Nicänische Glaubensbekenntnis?“. Der Streit, der dem Konzil zugrunde lag, sei nicht allein von Theologen und geistlichen Amtsträgern geführt worden, sondern breitete sich wie ein Lauffeuer auch unter Händlern, Handwerkern und Bauern aus, die untereinander heftig diskutierten. Auslöser seien vom Presbyter Arius verbreitete Thesen gewesen, die den Sohn Gottes als höchstes Geschöpf begriffen. Positiv gesehen sei Arius’ Anliegen zunächst gewesen, das monotheistische Erbe des Judentums bewahren zu wollen. Er knüpfte dabei jedoch an die philosophischen Denkvoraussetzungen seiner Zeit, den Mittelplatonismus an. Demzufolge sei allein die Einheit göttlich, die Vielheit jedoch ungöttlich. Arius behauptete die absolute Transzendenz Gottes und relativierte so schließlich die Inkarnation des Sohnes Gottes. Athanasius hielt dagegen und deckte die Konsequenzen Arius’ Denken auf. Wäre der Logos nämlich ein Geschöpf und als solches Mensch geworden, dann wäre der Mensch letztlich so geblieben, wie er war. Wie sollen der Mensch durch ein anderes Geschöpf mit Gott, dem Schöpfer, verbunden werden?
Das Konzil habe sich verstanden als eines, dass die Wahrheit feststellen wollte. Nicht Mehrheitsverhältnisse sollten entscheidend sein, sondern dass die Wahrheit zu einem Konsens führen möge. Dieser Konsens solle auch nicht allein unter den Versammelten des Konzils bestehen, sondern auch in der Einheit mit der Lehre der Apostel. Derselbe Glaube solle bezeugt werden und kein fauler Kompromiss geschossen werden. So entstand ein Bekenntnis, das präzise formuliert. Es entsprang nicht eigener Genialität, sondern schließe an Apostel an. Der stärkste Trennmarker, um sich unmissverständlich von Arius’ Lehre abzugrenzen, sei dabei die Formulierung, der Sohn sei „wesengleich“ mit dem Vater. Entgegen einer häufigen These, wie sie bspw. Adolf v. Harnack vertrat, hob Schneeweiß hervor, dass durch die Aufnahme eines solchen Begriffes keineswegs eine Hellenisierung des Christentums vorliege, sondern das ganze Gegenteil. Das Bekenntnis wies die mittelplatonischen Vorannahmen über Gottes Wesen ab und enthellenisierte damit vielmehr das Christentum.
Schneeweiß hob in diesem Zusammenhang hervor, dass auch heute theologische Debatten als Chancen der tieferen Gotterkenntnis verstanden werden sollten. Erst durch die Auseinandersetzung mit den Arianern sei es zur tieferen Einsicht in die Trinität gekommen. Des Weiteren betonte Schneeweiß, dass der Glaube notwendigerweise eindeutig und präzise zum Ausdruck gebracht werden müsse. Kompromissformeln brächten vielmehr einen Traditionsabbruch hervor. Dann könne höchstens noch eine Ähnlichkeit mit dem christlichen Glauben aufgewiesen werden, jedoch am Eigentlichen werde vorbeigezielt. Für die Aktualisierung des Bekenntnisses von Nicäa gab Schneeweiß drei Empfehlungen für kirchliches Handeln. 1. Gerade in dem Geheimnis der Inkarnation könne der Wert des Bekenntnisses begriffen werden. Deshalb sollte Weihnachten gefeiert werden. 2. Die Phrasen des Bekenntnisses müssten der Gemeinde erklärt werden. 3. Die Beschäftigung mit christlicher Ikonographie helfe zum Begreifen der Trinität, käme in ihrer Kunstform die Verteidigung des Bekenntnisses zum Ausdruck.
Anschließend an das Referat fand eine Aussprache im Plenum statt. Neben Sach- und Verständnisfragen wurde auch diskutiert. Dabei spielte die Frage von Politik und Christentum eine Rolle. Einerseits sei es damals allein Kaiser Konstantin möglich gewesen, ein sogar über die Reichsgrenzen hinausreichendes, allgemeines Konzil einzuberufen. Andererseits habe damit das Konzil unter dem politischen Willen gestanden, eine Glaubens-Union herbeizuführen, bei der theologische Kriterien eine untergeordnete Rolle spielten. Weiterführend wurden Fragen gestellt, inwiefern das Bekenntnis von Nicäa in Verbindung zum reformatorisch-lutherischen Anliegen der Rechtfertigungslehre stehe. Zum einen käme in ihm die Sicherstellung des Axioms zum Ausdruck, dass allein Gott die Menschen erlösen könne. Zum anderen präzisiere es, dass dies konkret auf Jesus Christus zuträfe und formuliere daher auch Jesu Werk in der Absicht „zu unserem Heil“. In der Soteriologie habe dies gewichtige Auswirkungen. Gerade darin, dass Arianer den Sohn als höchste Kreatur begriffen hätten, haben sie ihn nur als Vorbild begreifen können, nicht als Gnadenvermittler.
Um die Mittagszeit wurde der Lutherische Tag 2025 mit einem Reisesegen von Pf. Falk Klemm beschlossen. Insgesamt nahmen 25 Personen teil.
Das LEW besteht seit 1868 und ist ein Werk der VELKD. Aus dem LEW gingen sowohl die VELKD als auch der Lutherische Weltbund hervor. Jährlich lädt es an Fronleichnam zum Lutherischen Tag ein. Der aktuelle Vorsitzende ist Pf. Falk Klemm (Ehrenfriedersdorf).
verf. von Lucian Dörfel am 23.06.2025


Pf. Dr. Sebastian Schurig | Referent Jonathan Schneeweiß |